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letzte Änderung: Sonntag, 01. April 2001

(Die sog. Jehovar-Objektive)
von Adrian Ranfft mit Hilfe von drf :-)

Inhaltsübersicht

Woher stammt der Name "Jehovar"?
Verzeichnung
Naheinstellgrenze
Optische Leistung
Streulichtempfindlichkeit
Lichtstärke
Vignettierung
Bequemlichkeit durch Benutzung des Zooms
Preisvergleich
Filterdurchmesser
Fazit



Woher stammt der Name Jehovar?

Da in der drf sehr häufig Anfragen zu Superzooms kommen, reagieren die meisten etwas gereizt auf dieses Thema.

In Anlehnung an den Film „Das Leben des Brian" von Monty Python hat sich daher der Name Jehovar entwickelt - quasi als Wort, welches nicht genannt werden sollte. Auch die Bezeichnung „Suppenzoom" hat sich eingebürgert. Wer also nach diesen Objektiven fragt, sollte sich also nicht wundern, wenn er Chips, Cola oder Cracker angeboten bekommt - die Leser legen sich dann genüßlich zurück und genießen den Streit um diese Objektive.

Sogenannte Superzoom (28-200, 28-300, 35-300) erfreuen sich bei der Käuferschaft einer relativ hohen Beliebtheit. Sie werden von einigen Fotozeitschriften und von der Industrie als das Nonplusultra des Objektivbaus hingestellt, können dies allerdings nicht bestätigen. Inwieweit sich die Schwächen dieser Objektive auf den praktischen Einsatz auswirken und welche Alternativen es gibt, wird der folgende Artikel klären.


Verzeichnung

Generell sind Zooms weniger für Architekturaufnahmen geeignet, da sie hohe Verzeichnungen hervorrufen. Das heisst, dass sich gerade Linien zur Bildmitte (tonnenförmige V.) oder zum Bildrand (kissenförmige V.) durchbiegen. Für Architekturaufnahmen mit höherem Anspruch kommen also nur Festbrennweiten in Frage.


Naheinstellgrenze

Mit Weitwinkelobjektiven kann man sehr interessante Bilder gestalten. Meist wird dabei ein Objekt aus dem Vordergrund im Bild überbetont indem man nah an dieses Objekt herangeht. Dies geht mit Festbrennweiten sehr gut, da diese eine sehr geringe Naheinstellgrenze haben - meist bei 30 cm. Zooms und vor allem Extremzooms haben hier Nachteile, da sie nur mit einem hohen Aufwand mit einer solch geringen Naheinstellgrenze bauen lassen.

Die Naheinstellgrenze einfach mit Zwischenringen herabzusetzen ist keine gute Idee, da hierbei die optische Leistung (sprich Schärfe...) einbricht - siehe Zwischenring/Achromat-FAQ. Übliche Extremzooms bieten eine Naheinstellgrenze von mindestens 50 oder 60 cm - einige liegen auch noch darüber. Damit sind die oben beschriebenen interessanten Aufnahmen im Weitwinkelbereich nicht möglich. Dem Motiv fehlt es an einem Vordergrund und das Bild wirkt langweilig.

Auch gemäßigte Zooms(28-80) haben keine mit Festbrennweiten vergleichbare Naheinstellgrenze, doch ist sie meist noch ein paar Zentimeter geringer als bei Extremzooms. „Extremisten" in Sachen Naheinstellgrenze sind z.B. Tokina, Soligor oder Voigtländer, die mit 2,10 m (Soligor/Voigtländer 28-200) oder sogar 2,50 m (Tokina 35-300) daherkommen. Diese Objektive sind daher weniger zum empfehlen


Optische Leistung

Diese ist gerade bei offener Blende sehr schlecht. Schärfeabfall zum Rand hin bzw. generell eine gewisse Unschärfe sind die Regel. Bei Tests ergab sich selbst bei eingestellten 50mm Brennweite und Blende 8 noch ein deutlicher Unterschied zur 50er Festbrennweite in Sachen Schärfe. Der dramatischste Einbruch in der Leistungskurve liegt im Telebereich: der Kontrast sinkt. Zwei einzelne Zooms haben hier den Vorteil, dass sie sich durch ihren kleineren Brennweitenbereich besser optimieren lassen - Festbrennweiten erst recht.


Streulichtempfindlichkeit

Zooms haben eine höhere Anzahl an Linsen in ihrem System als entsprechende Festbrennweiten. Dadurch steigt die Gefahr von Kontrastminderung und Blendenflecken. Bei Festbrennweiten läßt sich dieses Problem durch eine passende Gegenlichtblende verringern. Zooms hingegen bieten diese Möglichkeit nicht für den gesamten Brennweitenbereich, da die Geli sonst vignettieren würde.

Es läßt sich also nur eine Gegenlichtblende für die kürzeste Brennweite bauen. Bei zwei getrennten Zooms hat man noch den Vorteil, dass die Geli bei zwei Brennweiten optimal arbeitet - bei Superzooms hingegen nur bei einer Brennweite.


Lichtstärke

Übliche Superzooms und auch gemäßigte Zooms besitzen meist eine Lichtstärke von 4-5,6 oder 3,8-5,6 (im Extremfall sogar bis 6,8). Arbeitet man in Telestellung mit solch einem Objektiv, hat nur Blende 5,6 zur Verfügung und einen 100ASA-Film geladen, ergeben sich bei hellstem Sonnenschein Belichtungszeiten von 1/500 s. Da der Aufbau dieser Objektive allerdings sehr komplex ist - 15 Linsen sind üblich - reduziert sich die effektive Lichstärke jedoch noch einmal um 1/2 bis zu 1 Blende. Damit erhält man Belichtungszeiten von 1/250s.

Bei Sonnenschein mag diese Zeit noch gehen, um relativ scharfe Aufnahmen aus der Hand zu machen, ziehen jedoch Wolken auf, oder man möchte in Innenräumen oder im Wald fotografieren, ist die Lichtstärke viel zu gering und man erhält verwackelte Aufnahmen. Um dies auszugleichen muß man höherempfindliche Filme benutzen, die wieder eine Reduzierung der Qualität hervorrufen und die Filmkosten in die Höhe treiben.

Diese ganzen Betrachtungen setzen jedoch schon voraus, dass man voll aufblendet - eine Erhöhung der Leistung des Objektivs durch Abblenden (damit aber bei längeren Verschlußzeiten) ist damit noch nicht eingerechnet.


Vignettierung

Vignettierung(abgedunkelte Ecken) tritt bei jedem Objektiv auf. Bei Zooms und speziell bei Super-Zooms tritt dieser Effekt jedoch stärker auf als bei Festbrennweiten. Ein 1,8/50 vignettiert zwar auch, blendet man aber auf 2,8 ab, gibt es keine Probleme mehr. Diese Blende erreicht man mit Superzooms jedoch nicht einmal, wenn man voll aufblendet. Man kommt hier also wieder zum Problem mit der geringen Lichtstärke.


Bequemlichkeit durch Benutzung des Zooms

Zooms erschweren einen gezielten Bildaufbau durch ihre einfache Möglichkeit, den Ausschnitt durch „ranzoomen" festzulegen. Hierbei wird aber die Gestaltung des Bildes durch die Brennweite erschwert - man erhält nicht den Effekt, der der Bildaussage zuträglich ist. Zooms verleiten also zum „faulen" Fotografieren. Dies sollte man bedenken, wenn man weiter in die Fotografie einsteigen möchte. Vollkommen abstreiten kann man die Vorteile von Superzooms auf keinen Fall. Sie sind ideal für Situationen, in denen es nicht auf gute Bildgestaltung, absolute Schärfe u.s.w., jedoch auf Bequemlichkeit beim Fotografieren in Urlaub o.s.ä. ankommt.

Etwas, das nicht vergessen werden sollte, ist das Problem eines Defektes (gerade im Urlaub). Wenn ein Superzoom kaputtgeht - was es nach Murphy wahrscheinlich auch tut   - hat man kein Ersatzobjektiv. Bei zwei gemäßigten Zooms bzw. Festbrennweiten hat man immernoch die Möglichkeit, mit dem/den anderen Objektiv(en) weiter zu fotografieren.


Preisvergleich

Für den Preis eines Superzooms erhält man zum Beispiel ein Set mit Kamera und zwei gemäßigten Zooms (teilweise sogar des Originalherstellers). Ebenfalls für diesen Preis erhält man eine Kombi aus Kamera, gebrauchter 28mm und 50mm Festbrennweiten und gebrauchtem oder auch neuem Telezoom.

Wer viel Geld sparen und intensiver in die Fotografie einsteigen will, sollte sich zu Anfang nur eine 50er Festbrennweite holen und mit dieser eine Weile üben. Man lernt, sich auf eine Brennweite zu beschränken und die Bilder zu gestalten. Außerdem hat man zuerst einmal eine Preisersparnis von 200 DM aufwärts.

Wenn man eine Ausrüstung für die meisten Situationen haben will, kann man sich auch mit einem 28er und einem leichten Tele (80-120mm) begnügen. Der Preis hierfür liegt zwar bei Neuware deutlich über dem eines Superzooms, gebraucht findet man allerdings günstige Angebote, die den Unterschied selbst zu einem gebrauchten Superzoom nicht groß erscheinen lassen.


Filterdurchmesser

Filter braucht fast jeder. Zur Grundausstattung sollte ein Polfilter gehören. Superzooms haben meist einen Filterringurchmesser von 72 oder 77mm. Filter für diese Größe sind deutlich teurer als welche für gemäßigte Zooms oder Festbrennweiten mit Durchmessern von 49-57mm. Ein einfacher, unvergüteter B+W-Polfilter (zirkular) kostet für 72mm 129DM, für 52mm nur 78DM. Dies setzt sich bei weiteren oder hochwertigeren
Filtern fort, wodurch die Kosten bei einem Superzoom steigen.

Fazit

Generell sollte man sich darüber im klaren sein, dass sich auch hervorragende Superzooms konstruieren lassen. Die Qualität geht aber zu Lasten des Preises, der bei festbrennweitenähnlichen Superzooms möglicherweise einen fünfstelligen DM-Betrag (pro Objektiv) erreichen könnte. Dass dies wirklich möglich ist, zeigen Nikon und Canon. Das Nikon 28-200 ist sicher das beste Zoom in der Kategorie der 28-200er. Es liegt mit einem Preis von 1000 DM aber auch an der Spitze und Vignettierungen sind auch bei diesem Zoom deutlich zu erkennen. Das Canon 35-350 ist sicher das beste Superzoom, mit einem Preis von gut 4000 DM aber auch extrem teuer.

Gruß,
Adrian